Die Bäume stehen in vollem Laub, Sonnenlicht flimmert über den Waldboden. Locker hingetupfte Pinselstriche vermitteln eine sommerliche Stimmung. »Waldlichtung« – so heißt das kleinformatige Ölgemälde, das die Malerin Hermine Rohte im Jahr 1893 schuf. Zu diesem Zeitpunkt war die gebürtige Walsroderin erst 24 Jahre alt und studierte seit kurzem Landschaftsmalerei an der Damenakademie in München.
Das Bild, in der unteren rechten Ecke mit »H.R. 1893« signiert, gewährt einen seltenen Einblick in das frühe künstlerische Schaffen der Malerin Hermine Overbeck-Rohte. Es entstand drei Jahre
bevor sie den berühmten Worpsweder Maler Fritz Overbeck kennenlernte und heiratete. Die kleine Studie zeigt ein einfaches und doch bezauberndes Stück Wald. Zahllose unterschiedliche Nuancen von
Grüntönen sind gekonnt in Sonnenlicht getaucht, das Wechselspiel von Farbe und Licht lässt sowohl die Bäume als auch den Waldweg lebendig werden.
Über Jahrzehnte befand sich das Bild in Privatbesitz, dem Overbeck-Museum lag nur eine unzureichende Fotografie vor. Jetzt hat sich die Besitzerin aus Österreich gemeldet und angeboten, das
kleine Gemälde dem Overbeck-Museum als Schenkung zu überlassen. In den Besitz des Werkes war sie gekommen, weil ihr Urgroßvater eine ältere Schwester der Malerin Hermine Overbeck-Rohte geheiratet
hatte. Das Bild, das die Künstlerin also vermutlich schon direkt nach seiner Entstehung ihrer Schwester und ihrem Schwager schenkte, wurde durch drei Generationen vererbt, bis es jetzt im
Overbeck-Museum in Bremen-Vegesack eine neue Heimat findet und erstmals öffentlich ausgestellt werden kann.
»Diese Schenkung ist ein echter Glücksfall für uns«, freut sich Museumsleiterin Katja Pourshirazi, »denn es haben sich nur wenige der frühen Arbeiten aus der Studienzeit Hermine Rohtes erhalten.
Das Werk zeigt deutlich das frühe Talent der Malerin und erlaubt uns eine vertiefte Forschung über ihre erste Schaffensphase.«